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17. Mai 1937

1. Du fragst: „Hat jeder Mensch einen ständigen Lehrer?» Aber es sollte klar gemacht werden, welche Art von Lehrer Du im Sinn hast. Ohne Rücksicht darauf, ob er sich dessen gewärtig ist oder nicht, könnte man sagen, daß fast jeder einen mehr Oder weniger ständigen Lehrer aus den überirdischen Sphären hat. Diese Führer haben verschiedene Qualitäten und stehen auf verschiedenen Ebenen. Außerdem bringt solche Führung im heutigen Zustand der Menschheit oft mehr Elend als Nutzen. Es ist schwer, sich auch nur vorzustellen, wie groß die Zahl der Bewohner der Sphären über der Erde ist, die versuchen, sich in irdische Angelegenheiten einzumischen. Doch wenn ein Mensch die Flamme reinsten Strebens zum Licht in sich entzündet hat, und wenn Hingabe in ihm verwurzelt ist, dann wird der Ruf, den er an die Alteren Brüder der Menschheit richtet, gehört, und es wird nur von ihm selbst abhängen, die heilige Verbindung mit dem erwählten Bild zu stärken. Auf Grund eines unveränderlichen Gesetzes muß der Jünger sich einer Prüfung unterziehen, deren Dauer ebenfalls ganz in seinen eigenen Händen liegt.

2. „Du mußt Uns auf Erden erreichen ...» bedeutet bestimmt, daß man sich tatsächlich im irdischen Leben durch Bewußtseinserweiterung und irdische Errungenschaften den Großen Lehrern nahem kann.

3. Es steht dem Geist in der Tat frei, das Geschlecht für die Inkarnation zu wählen. Aber wenn ein Geist zum Großen Dienst gehört, nimmt er die Verkörperung an, die ihm vom Großen Lehrer zugewiesen wird. Außerdem ist es manchmal nötig, das Geschlecht für eine bestimmte Inkarnation zu wechseln auf Grund des Gesetzes des Großen Gleichgewichts, das mit dem Mysterium der Existenz in Zusammenhang steht. Aber dieses Mysterium wird dem Jünger erst dann vom Lehrer offenbart, wenn er die angeordneten Prüfungen zufriedenstellend bestehen kann.

4. Du fragst: „Angenommen, ich möchte nicht mehr zur Erde zurückkehren, was kann mich dazu zwingen?» Die Antwort ist: „Das Kosmische Gesetz». Wie Hunger den Hungrigen zur Nahrung führt, so treibt das Gesetz der Inkarnation den Geist, wenn die Zeit zur nächsten Inkamalion kommt. Ein Geist, der während des irdischen Lebens eine große Umwandlung seiner Energien erreicht hat, kann seinen Aufenthalt in den überirdischen Welten bis zu einem gewissen Grade beträchtlich verlängern, und dann wird der Augenblick kommen, wo er die magnetische Anziehung zu einer irdischen Verkörperung heftig fühlt, denn nur die Erde ist der Schmelzofen, in dem unsere Energien umgewandelt und die Erneuerung und Ansammlungen neuer Energien erlangt werden können.

Wir können erst dann von irdischer Inkarnation befreit werden, wenn alle unsere Energien in einem solche Grade vergeistigt sind, daß ein weiterer Aufenthalt auf Erden uns nichts mehr geben kann. Ein Karmazyklus endet für den Menschen, wenn alle Elemente oder Energien, die in die Essenz eines Wesens eintreten, zu einem einzigen Streben vereint sind und in dieser Spannung den Zustand der Vollkommenheit erreicht haben, der für diesen Zyklus bestimmt ist.

Man sollte sich nicht vor Wiederverkörperungen fürchten, im Gegenteil, ein wahrer Jünger nimmt eine neue Erfahrung und neue Möglichkeiten, äußerst wertvolle Ansammlungen zu erlangen, mit Freuden an. Die Jünger der Weißen Bruderschaft verfolgen tatsächlich den kürzesten Pfad, und mit Hilfe der Älteren Brüder beschleunigen sie ihre Inkarnation, um ihr Karma zu überwinden und ihren zurückgebliebenen Brüdern zu helfen.

5. „Was sollte man tun, um die Lehre niemals aufzugeben und kein Verräter zu werden?» Die Antwort wird in allen Büchern der Lehre gegeben - stärke im Herzen die Grundlagen der Liebe und Hingabc und wende die Lehre im täglichen Leben an.

6. Es gibt so viele Bewußtseine wie Ausdrucksweisen. Deshalb hat jeder das Recht, seine Gefühle ganz individuell auszudrücken.

7. Du hast richtig verstanden, es ist ungehörig, sich an den Höchsten um Hilfe zu wenden, wo wir selbst unser eigenes Verständnis anwenden sollten. Abgesehen von einem entsetzlichen Mangel an rechtem Gleichmaß, verlieren wir nicht nur alle Möglichkeiten, sondern stumpfen auch unsere Fähigkeiten durch eine solche Erwartung von Hilfe ab und schwächen uns dadurch. Ohne unaufhörliche Bemühung, unsere Fähigkeiten anzuspannen, und ohne Findigkeit bei der Überwindung von Hindernissen, ist kein Fortschritt auf der geistigen Ebene möglich. Nicht Verlaß auf Hilfe tut not, sondern gerade volles Vertrauen zum Lehrer und die Erkenntnis mit unserem ganzen Sein, daß Hilfe kommen wird, wenn wir die Grenzen der Spannung erreicht haben und uns die Möglichkeit gegeben wird, unsere Bemühungen für neue und höhere Errungenschaften anzuwenden. Ohne ein solches unabhängiges Überwinden von Hindernissen ist die Umwandlung unserer Energien nicht möglich. Erst wenn die Grenze der höchsten Spannung erreicht ist, kann die gesegnete Vergeistigung stattfinden. Die Gesetze sind in allem gleich.

8. „Was ist eine Einheit, und ist es nicht eine unveränderliche Größe?» Vom metaphysischen Standpunkt ist eine Einheit ein Symbol für Einigkeit und schließt alles ein, folglich ist es das Absolute, oder anders gesagt, es ist eine unveränderliche Größe.

9. „Was ist eine Zahl?» Eine Zahl ist ein Symbol für Teilbarkeit, folglich ist sie Bewegung und Rhythmus und ein offenbartes Bewußtsein.

10. Jegliche Schuld muß bezahlt werden, denn eine Schuld ist eine Verpflichtung des Geistes.

11. Karma wird von Gedanken gewoben. Gedanken können jede kannische Wirkung entweder schwächen oder verstärken. Gereinigtes Denken befreit von schlechtem Karma, denn es erzeugt keine bösen Ursachen. Gedanke und Wille sind die Herrscher des Karmas.

12. Nur das Herz kann die Wahl des irdischen Lehrers eingeben.

13. „Ist es möglich, die Bruderschaft auf Erden zu erreichen, während wir noch am Leben sind?» Es hängt alles vom Menschen ab, von seinen früheren Ansammlungen und in einigen Fällen auch von dem Auftrag, den er angenommen hat, ehe er sich verkörperte.

14. Immer und bei allen Handlungen ist direktes Wissen das einzige Kriterium. Aber wenn es schwer ist, direktes Wissen wahrzunehmen, und wenn es nur schwach anklopft, dann sollte jede Handlung auf der Waage des Herzens gewogen werden. Das direkte Wissen kommt dem Herzen am nächsten.

15. Der Pfad ist in den Büchern der Lehre angedeutet. Ohne Anwendung der Grundlagen der Lehre im Leben ist kein Zutritt zur Bruderschaft möglich.

16. „Wo ist der Punkt, wo es keine Rückkehr mehr gibt?» Wenn die Feuer der Zentren entzündet sind und der Kristall der psychischen Energie gebildet ist.

17. „Wie kann man bewußt auf anderen Ebenen arbeiten und sich im physischen Körper daran erinnern?» Durch das Befolgen der Lehre und indem man sich übt, sich bewußt an solche Arbeit zu erinnern. Aber wenn man im physischen Körper ist, ist es nicht immer möglich, sich an die Tätigkeit seines subtilen Körpers zu erinnern, weil die Dimensionen der Subtilen Welt nicht den unsrigen entsprechen und weil das physische Gehirn oft nicht imstande ist, solche subtilen Schwingungen zu registrieren, ohne Schaden zu nehmen. Nur Medien können sich infolge ihrer Eigentümlichkeiten an solche Handlungen häufiger erinnern, aber man sollte sie nicht beneiden.

18. Genau, laß Dein Streben beständig werden und unaufhörlich zunehmen. Aber Du solltest Dich in einer solchen Beständigkeit prüfen. Geduld ist eine der Haupteigenschaften, die man auf dem Pfad des Dienstes erlangen muß.

19. „Wie kann man den Großen Brüdern helfen?» Durch Anwendung der Lehre im täglichen Leben und dadurch anderen ein Beispiel geben. Das persönliche Beispiel ist die überzeugendste Handlung.

20. „Wovon sollte man sonst noch befreit sein?» Der schädlichste Wurm und einer, der uns selbst am wenigsten wahrnehmbar ist, ist Egoismus. Darum prüfe Dich häufig, denn dieser Wurm bedeckt sich gern mit den ausgezeichnetsten Rechtfertigungen. In manchen Umständen mag Egoismus nicht so offensichtlich sein, aber in dem Augenblick, wo die Umstände sich ändern, macht dieser Wurm sich bemerkbar.

21. „Wie sollte man handeln, um das Vertrauen des Großen Lehrers zu verdienen?» Man sollte die Lehre im Leben anwenden und bereit sein, mutig alle Hindernisse des Lebens anzunehmen und dies beständig in der Tat beweisen.

22. Wenn die Lehre angewandt wird, wenn Geduld unbezwingbar ist, wenn Mut, Furchtlosigkeit und Hingabe mit einer unauslöschlichen Flamme in Deinem Herzen brennen, wirst Du Dein Ziel erreichen, und der Große Lehrer wird nicht zögern, sich auf irgendeine Weise zu offenbaren.

23. Wenn Du eine unsichtbare Anwesenheit fühlst, solltest Du völlige Ruhe bewahren, denn sinnlose Furcht kann das Schutznetz der Aura schwächen. Wenn das Wesen, dessen Gegenwart Du spürst, sich Dir mit bösen Absichten nähert, wird die Furcht, die Du zeigst, dazu beitragen, Dir Schaden zuzufügen. Darum betonen alle Lehren die Furchtlosigkeit des Geistes so stark. Wenn man vollständige Selbstbeherrschung hat, kann kein astrales Wesen Schaden zufügen. In solchen Fällen rate ich zu Konzentration auf das Große Bild und zum siebenmaligen Aussprechen des Namens, um Dich sozusagen gedanklich mit einer undurchdringlichen Lichtrüstung zu umgeben.

Und nun zu den Fragen aus Deinem zweiten Brief:

1. Zweifellos ist die Veröffentlichung der Bücher der Lehre eine große Hilfe beim Aufbau der Neuen Welt. Wofür sind die Bücher gegeben worden, wenn nicht für eine weite Verbreitung?

2. Natürlich sollten jene, die streben und aufrichtig suchen, jedoch nicht imstande sind, für ein Buch zu bezahlen, es kostenlos erhallen. Aber sind es viele, auf die dies zutrifft? Aus langer Erfahrung wissen wir, daß nichts, was kostenlos gegehen wird, gewürdigt wird. Die Mehrzahl wird sich nicht einmal die Mühe machen, ein Buch zu öffnen, das ihm umsonst gegeben wurde. Aber wenn sie wissen, daß etwas schwer zu bekommen ist, werden sie es suchen, und es hat Fälle gegeben, wo einige nächtelang nicht schliefen, um die Bücher der Lehre abzuschreiben. Großer Nutzen wird aus jedem kleinen Hindernis gezogen. Es ist besser, das Geld, das für die Bücher eingenommen wird, für weitere Veröffentlichungen zu verwenden, als die Bücher kostenlos ohne Nutzen zu verteilen und dadurch die Möglichkeit zu verlieren, die nächste Auflage für diejenigen zu veröffentlichen, die sich danach sehnen.

3. Der Geist überwindet physische Krankheit. Oft ermöglichen gerade physische Gebrechen dem Geist, sich emporzuschwingen.

Ich werde mich von ganzem Herzen freuen, wenn Du den Wunsch fühlst, die Qualität Deiner Arbeit zu vervollkommnen. Dies garantiert schon jeden Erfolg. Wer nach Qualität sucht, versteht, daß Vervollkommnung ein führendes Prinzip ist, und daß er schon den Pfad betreten hat.

Wahrlich, alles kann durch das Streben des Herzens erreicht werden, aber vergiß die wesentlichste Qualität nicht - Geduld. „Groß ist der, der am stärksten Geduld übt». Wenn Du erkennst, daß jedes Hindernis ein Vorteil für das Wachsen des Geistes ist, bist Du bereits auf dem Pfad. Es heißt in der Lehre: „Mit Bedauern wollen wir die allgemein angenommene Idee von Bequemlichkeit und Sicherheit erwähnen. Sie enthält Trägheit und Gedankenlosigkeit. Wir lernen, jeden Anfang von Denken willkommen zu heißen, und Wir schätzen den Druck eines Vorwärtsstrebens. Eine große Anzahl von Beispielen kann aus der Physik und der Technik zitiert werden, die Druck als Triebkraft zeigen. Vielen fällt es nicht leicht zuzustimmen, daß Druck das Tor zum Fortschritt ist. Aber wenn die Menschheit diese Wahrheit erkennen wird, dann wird sie dabei auch die Bedeutung von Fortschritt verstehen. Vom Gesichtspunkt einer solchen Erkenntnis aus ist es nicht weit zur Bruderschaft.» (Bruderschaft, 180)

Ich weiß es zu würdigen, daß Du verstehst, wie überlastet ich mit Arbeit bin. Wenn ich nicht antworte, ist es tatsächlich nur wegen meiner absoluten Unfähigkeit es zu tun, sonst bin ich stets gern bereit, Fragen zu beantworten. Ich liebe keine bedeutungslosen Briefe. Wenn Fragen vorliegen, bedeutet es, daß man nachdenkt, was besonders wertvoll ist, denn die Entwicklung der Denkfähigkeit und scharfes Denken bringen uns dem Höheren Bewußtsein näher, und große Zusammenarbeit wird möglich.

4. „Was ist damit gemeint, wenn ein verantwortungsvoller Auftrag abgelehnt wird, würde das Karma besonders belastet?» Es gibt viele solche Weigerungen. Der gewöhnlichste Fall ist, wenn ein Mensch, der an die Lehre herangetreten ist, sich mit der Bitte an die Großen Lehrer wendet, zum Aufbau der Neuen Welt zugelassen zu werden und dann nach kurzer Zeit aus irgendeinem Grund enttäuscht ist und nicht mehr daran teilnimmt. Aber es gibt auch andere, besonders schmerzliche Fälle, wo der Geist eines sehr fortgeschrittenen Schülers, der sich seit Jahren auf die Erfüllung eines bestimmten Auftrags vorbereitet hat, plötzlich bedauert, die Verpflichtung angenommen zu haben und den verschwendeten Jahren nachtrauert. Dies wird die Zurückweisung des Auftrags genannt, da jemand, der Bedauern zeigt, das ihm Anvertraute nicht erfolgreich erfüllen kann. Bedauern löscht das Feuer aus, das jedem Erfolg zugrunde liegt. Ein solches Bedauern grenzt schon an Verrat und belastet das Karma außerordentlich.

Mein junger Freund, aus all Deinen Fragen ist ersichtlich, daß Du in den Pfad des Großen Dienstes eintreten möchtest, darum prüfe ernstlich Deine Kraft, voll und ganz. Dienst erfordert große Selbstentsagung und Anspannung aller Kräfte. Irdisches Glück wird durch die Erkenntnis von der Weisheit der höheren Glückseligkeit ersetzt, die dem Schüler nur in seltenen Lichtblicken zuteil wird. Verfolgung, Verleumdung, Hindernisse nehmen im Verhältnis zum Fortschritt zu, weil der Diener des Lichtes die düsteren Verstecke der Diener der Dunkelheit beleuchtet. Es gibt keine höhere Errungenschaft als Dienst für das Wohl der Menschheit, und es gibt auch keine schwerere. Wenn Dein Geist stark ist, bist Du gesegnet.

Natürlich erweitert selbst eine teilweise Annäherung zur Lehre der Lebendigen Ethik das Bewußtsein, und wenn die Grundlagen der Lehre auf intelligente Weise im Leben angewandt werden, wird der irdische Pfad erleichtert. Erinnere Dich aber daran, daß Hingabe zum Dienst an der Menschheit vollständige Selbstentsagung verlangt - wahrhaftig, eine wirkliche Errungenschaft. Gibt es viele, die die Last der Welt auf sich nehmen können? Darum prüfe Dich in allen Lebenslagen.

Wenn Deine Absichten aufrichtig sind, werden die Prüfungen nicht auf sich warten lassen und Du wirst vielen psychologischen Problemen gegenüberstehen, die Du selbst lösen mußt. Wie geschrieben steht: „Wie Wasser die Hitze in ungelöschtem Kalk entwickelt, so versetzt die Lehre jedes unvermutete Potential, das in ihm (dem Junger) schlummert, in heftige Tätigkeit.» Genau, jeder Keim des Guten wie des Bösen in ihm wird enthüllt werden. Wenn Deine Absicht feststeht, sei auf Prüfungen vorbereitet.


28. Mai 1937

Ich hege keine Zweifel, daß Dein neues Buch ebenso erfolgreich sein wird wie das erste. Aber bevor Du eine derartige Arbeit beginnst, wäre es ratsam, gewisse Vorsicht zu üben und an das Bündnis der Lehre des Neuen Lebens zu denken: „Auf dem Pfad der Bruderschaft muß man die Gewohnheit der Herabsetzung verlieren... Laß keine Verletzung vorkommen, nicht einmal durch Unwissenheit.» Historische Tatsachen, die zusammengestellt worden sind, werden deutlich für sich selbst sprechen.

Nur Erbauung und Bestätigung sollten von den Anhängern der Lehre des neuen Lebens ausgehen. Dein Gesichtspunkt, der nicht im geringsten herabsetzend ist, wird sich durch weitere Darlegungen zeigen. Wenn wir im philosophischen Sinne über die Aspekte der Trinität sprechen, verkörpert jedes Menschenwesen - da der Makrokosmos und der Mikrokosmos eine Einheit bilden - nicht nur den ersten, zweiten oder dritten Aspekt der Dreiheit, sondern umfaßt die ganze Dreiheit, denn wie kann man sonst die Triade Atma, Buddhi, Manas in ihm verstehen? Ist es daher möglich, den Sohn der Ewigkeit auf ein einziges Bild der Dreiheit zu beschränken?

Wahrhaftig, viel Gedankenlosigkeit liegt in einer solchen Teilung des Unteilbaren.

In Deinem neuen Werk solltest Du die Zwietracht und die Unwissenheit deutlich an den Tag bringen, die bei der Mehrzahl der selbsternannten Autoritäten und Führer des menschlichen Bewußtseins herrschten. Und dann beweise die Einheit aller Religionen, aller Philosophien oder Lehren auf der Grundlage der Lehren des Altertums und der Lehren der neuesten Errungenschaften im Bereich der Gedanken und der Wissenschaft, und auch die Größe ihrer Vorläufer und Gründer.

Gewiß, das Göttliche Element durchdringt alles, was existiert, und seine Macht kann ganze Welten erschaffen und auch zerstören. Darum muß das menschliche Bewußtsein seine geistige Wahrnehmung zu einer solchen Stufe emporheben, daß gute Zwecke in voller Harmonie mit dieser Macht hervorgerufen werden können. Jede Verletzung der guten Gesetze ruft schreckliche Folgen hervor. Ja, alles hat seine Bedeutung, aber der Wert liegt nicht in einer äußerlichen Offenbarung oder Anwendung, sondern nur darin, daß es vom Bewußtsein assimiliert wird.

Ich stimme Dir zu, daß die Worte Christi: „So jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder ...» (Lukas 14, 26) etc. sich grausam anhören, (sollten wir diese Ausdrucksweise nicht denen zuschreiben, die es aufschrieben oder vielleicht übersetzten?), aber trotzdem ist der innere Sinn klar. Wenn ein Mensch seiner Familie mehr dient als dem Geist der Lehre des Guten, was für Gutes wird daraus entstehen? In der Lehre der Lebendigen Ethik wird auf Blutsverwandschaft und geistige Verwandtschaft hingewiesen. Wann und wo ist derjenige, der das Licht in eine Sphäre bringt, das von seiner Familie anerkannt wird? Nenne ihn! Sind im täglichen Leben diejenigen, die uns am nächsten stehen, nicht gerade diejenigen, die uns am häufigsten falsch verstehen und uns herabsetzen? Wegen ihrer physischen und Blutsverwandtschaft bürden sie uns manche ihrer eigenen Gesetze auf. Die Menschen weigern sich zu verstehen, daß es über alle irdischen Verwandtschaften hinaus eine geistige Beziehung gibt, und es ist ein Segen, wenn diese beiden Verwandtschaften, die geistige und die des Blutes, auf Erden verbunden sind, aber dies kommt sehr selten vor. Häufig sind in der gleichen Familie Geister mit gänzlich verschiedenen Ansammlungen aus der Vergangenheit zusammengewürfelt.

Ebenso wie der Ausspruch Christi: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen» (Matthäus 24, 35) auf die Wahrheit seiner Lehre hinweisen, (weil Wahrheit und Ewigkeit synonym sind), deutet auch sein anderes Wort: „... Was ihr auf Erden binden werdet, soll im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein» (Matthäus 18, 18) auf das Karmagesetz hin. Wie kann es deutlicher ausgedrückt werden, daß wir, wenn wir unsere Streitigkeiten mit unseren Nächsten nicht auf Erden beilegen und uns mit ihnen aussöhnen, sie auch nicht in der Subtilen Welt oder im Himmel klären werden. Was wir hier säen, muß dort von uns geerntet werden. Dieser Ausspruch ist allerdings anders ausgelegt worden, nämlich, daß Christus die Apostel ermächtigte, die Macht des Bindens und des Lösens zu gebrauchen, oder mit anderen Worten, nahezu auf ewig zu bestrafen oder zu vergeben. Auf diesem Ausspruch hat die Kirche, wie wir wissen, ihre Macht aufgebaut. Wenn wir jedoch diese Stelle als Ganzes lesen, wird sehr vieles klarer werden, denn es ist unmöglich, sie anders auszulegen als eine Erklärung des Gesetzes von Ursache und Wirkung oder des Karmas.

Was Erlösung betrifft, so können wir nur im irdischen Sinne ein erlösendes Opfer bringen, das heißt, die Wirkungen auf uns nehmen, die von einem anderen Menschen hervorgerufen worden sind. Aber im geistigen Sinne wäre das unmöglich, denn die Ursachen, die wir erzeugt haben, werden in erster Linie auf unserer inneren oder geistigen Natur widergespiegelt, darum kann nur geistige Erneuerung die Reaktion der Wirkungen, die wir hervorgerufen haben, ändern oder vielmehr abschwächen. Ein Hoher Geist kann einem Menschen nur dann bei seiner geistigen Erneuerung helfen, wenn der Geist des Menschen durch eine entschlossene Entscheidung dazu getrieben wird, alles wiedergutzumachen, was er getan hat. Aber keine Gebete einer Mutter werden helfen, wenn sein Geist nicht einen hohen Impuls zur Reinigung fühlt. Was Vergebung und Erlösung von Sünden anbelangt, so habe ich mehr als einmal darüber geschrieben. Ich kann ebensogut diesen Auszug für Dich zitieren:

„Ebenso wie ein einziger chemischer Bestandteil den ganzen Charakter einer Substanz ändern kann, die aus mehreren anderen Substanzen zusammengesetzt ist, ist auch die Wirkung eines hohen Impulses oder einer hohen Qualität imstande, die Folgen einer Handlung unwirksam zu machen oder zu überwinden, die durch niedrige Qualitäten in der menschlichen Natur entstehen, und auf diese Weise den ganzen Charakter eines Menschen zu ändern und seine Natur umzuwandeln.» Und wie Du weißt, liegt die Umwandlung einer inneren Substanz in der Veränderung der Ausstrahlungen, die, wenn sie gereinigt sind, anders auf die Wirkungen der früher hervorgerufenen Ursachen reagieren. Nur der Mensch selbst ist der Schöpfer und auch die lebendige Aufzeichnung eines jeden Motivs, jedes Gedankens und jeder Tat. Wer kann daher irgendetwas in seiner Natur ändern, ohne eigene persönliche und direkte Mitwirkung?

Was Wiedergeburt anbetrifft, so erhalten wir bei jeder Inkarnation einen Organismus, der durch die allgemeine menschliche Entwicklungsstufe und den erblichen Einfluß der Vorfahren begrenzt ist, abgesehen von den Umständen, die von unserem eigenen Karma abhängig sind. Wir werden zu der Umgebung angezogen, die für uns erreichbar ist, eben durch unser Karma. Darum kann der Same unseres Geistes trotz seiner zahlreichen Ansammlungen in jeder neuen menschlichen Hülle nur teilweise offenbart werden. Man kann beobachten, wie ein vormals musikalischer Virtuose in seinem neuen Körper das Verständnis für diese Kunst und eine mehr oder weniger große Neigung dazu aufrecht erhalten wird, aber wenn seine Zentren nicht die nötige Anordnung für besondere musikalische Fähigkeiten haben, könnte er kein Virtuose sein.

Wenn man in der „Geschichte der Konzile» über die Vorstellungen und Streitigkeiten der Kirchenväter liest, kann man ihren Standpunkt nicht immer klar verstehen. Hierfür muß man seinen Geist in jene Epoche zurückversetzen können und die ganze Verwicklung der Übergangsperiode fühlen, die sie hervorrief. Da unsere Kenntnisse auf ein paar Fragmenten beruhen, ist es schwer, ein klares Bild von dem zu erhalten, was die Kirchenväter auszudrücken suchten. Die Sprache und die Symbolik der Vorstellungen ändern sich sogar während ein paar Jahrzehnten außerordentlich, darum sollte man vorsichtig bei den Auslegungen sein.

Die Zitate von Athanasius dem Großen sind in erster Linie voller Schönheit, und wo Schönheit ist, da ist auch Wahrheit. So bestätigt seine Behauptung „Gott wurde Mensch, damit der Mensch Gott werden konnte» die okkulte Wahrheit, denn der Geist Jesu Christi ist in seiner gereinigten feurigen göttlichen Essenz für uns tatsächlich eine Personifizierung des Göttlichen Prinzips. Indem er während einer kritischen Periode der Degeneration und des Verfalls geistiger Werte den irdischen Körper annahm, um dem menschlichen Geist einen neuen Antrieb zu geben und den Menschen dadurch mit seiner göttlichen Essenz zu vereinigen, vergöttlichte Er ihn wirklich. Wir vermischen uns mit der Göttlichen Essenz in uns im Verhältnis zu unserer Aufnahme derselben in unser Bewußtsein. Wahrhaftig, „durch das Sakrament des Geistes werden wir Teilhaber an der Göttlichen Essenz» und erreichen dadurch den göttlichen Zustand. Um die moderne Sprache zu gebrauchen: Heißt es nicht in der Lehre, daß wir die hohen Energien nur durch die Aufnahme derselben in das Bewußtsein erreichen und beherrschen können?

Es ist auch richtig, daß wir uns durch die Zurückweisung des Geistes den dunklen Kräften, der Besessenheit etc. öffnen. „Wer getauft ist, legt den alten Menschen ab. wer von oben geboren ist, ist durch die Wonne des Geistes erneuert...» Wir dürfen nicht vergessen, daß solche Riten wie Taufe und Abendmahl während der ersten Jahrhunderte des Christentums eine große innere und geistige Bedeutung hatten und erst später degenerierten sie zu Staatsverordnungen, die unter Androhung von Verlust von Rechten etc. beachtet werden mußten. Ursprünglich waren Taufe und Abendmahl Symbole des Festhaltens am geistigen Leben. Schließlich waren die Mysterien des Altertums an sich Riten voll tiefer innerer Bedeutung, und die meisten unserer christlichen Riten wurden in Wirklichkeit den Riten und Symbolen der heidnischen Welt entliehen. Aber alles hat nur im Geist Bedeutung, natürlich können keine mechanischen Kunstgriffe uns eine geistige Wiedergeburt bringen oder uns ohne Teilnahme des Geistes zwingen, an irgendetwas festzuhalten. Jene Riten halfen jedoch, gewisse Zustände und Stimmungen hervorzurufen, die es unserem Geist ermöglichten, leichter wahrzunehmen und sich emporzuheben. Selbst heutzutage sollte man den Menschen nicht der Kirche mit all ihren Zeremonien berauben. Was wirklich nottut, ist eine neue Reinigung und geistiges Verständnis für Riten, und vor allem, sie nicht obligatorisch zu machen. Der Geist sollte seinen eigenen Weg wählen. Wir dürfen nicht vergessen, daß das Ritual der Taufe in den ersten Jahrhunderten des Christentums in den meisten Fällen bei Erwachsenen vorgenommen wurde, die durch dieses Symbol ihre Loslösung von ihrem allen Verständnis und das Festhalten an einem neuen betonen wollten. Aber natürlich verlor dieses Ritual später, als es obligatorisch und an unbewußten Säuglingen vorgenommen wurde, den ganzen Sinn. Besonders entsetzlich war, daß die Körper von ungetauften toten Säuglingen hinter den Zaun des Kirchhofs geworfen wurden. Im allgemeinen sollten Friedhöfe zerstört werden, da sie Pflanzstätten für alle möglichen Epidemien sind.

Wenige, sehr wenige Menschen können eine Verzückung des Geistes erleben und sie ins Gedächtnis zurückrufen, wenn nicht etwas Sichtbares und Berührbares sie daran erinnert. Darum ist die nächste Aufgabe nicht die Zerstörung eines Tempels, sondern eine Reinigung und eine neue Erklärung sowohl der Riten als auch der Grundlagen der großen Lehren. Es ist tatsächlich notwendig, daß die Menschen erkennen, daß kein Ritus ohne innere geistige Verzückung in uns irgendwelche Bedeutung hat. Man muß beständig daran erinnern, daß göttliche Wonne nur bewußt und freiwillig erfahren werden kann.

Nach den Lehren des Altertums erlangen alle höchsten kosmischen Begriffe ihre Form oder personifizieren sich als Gottes Ebenbild im Menschen. Die Sieben Kumaras, die Sieben Logoi, die Sieben Feuer oder Flammen, die Sieben Söhne der Vernunft, die Sieben Söhne Brahmas oder die Söhne Gottes sind alle solche Geister, die (ebenso wie die Avatare) menschliche Körper annehmen, um das Bewußtsein des Menschen zu erleuchten und sein Festhalten an seiner Göttlichen Essenz herbeizuführen.

Es ist nicht ganz richtig zu behaupten, daß die Menschen - in diesem Falle die Juden - früher nicht über ihre Sohnschaft oder über das Gesetz der Wiedergeburt Bescheid wußten, und daß Christus derjenige war, der den Juden die Bedeutung von dem, was in der Bibel steht, offenbarte. Wahrlich, viel war den alten Lehrern des jüdisches Volkes bekannt, vielleicht sehr viel mehr, als jetzt bekannt ist. Aber zu jener Zeit waren viele Vorstellungen bereits verdunkelt durch eifernde Ausdeuter, die auf Profit aus waren. Die Pharisäer waren tatsächlich mit den Ideen von Auferstehung, Engeln und Geist vertraut - dies geht klar aus der Apostelgeschichte hervor. (23, 6-8)

Einer sagt: „Ist es möglich, nur aus etwas zu erschaffen, aber nicht aus sich selbst? Gott ist überall, und es gibt nichts außer ihm, darum ist es nicht ganz richtig zu sagen, aus sich selbst zu erschaffen.» Ich frage mich, warum? Wenn Gott allgegenwärtig ist und nichts außer ihm existiert, das heißt, daß er sowohl Schöpfer als auch Substanz ist, scheint es mir gänzlich belanglos, ob wir sagen er ruft hervor, er erschafft oder er erzeugt, weil alle diese Begriffe nur seine Offenbarungen sind. Aber selbst jeder irdische Schöpfer erschafft oder bringt gerade durch seinen Geist aus seinem Inneren hervor. Der Mensch kann von den vorzüglichsten Materialien umgeben sein, aber wenn sein schöpferisches Feuer schwach ist, wird er doch nichts erschaffen. Wahrlich, der Gedanke und Gedankenenergie erschaffen. Erinnere Dich an die östliche Lehre von der schöpferischen Macht des Gedankens.

Die Zeit ist gekommen, darauf hinzuweisen, daß der größte Gott aller Völker der Eine Lebendige Gott in der Natur ist, die Einzige Universale Gottheit - der Gott des Unfehlbaren Gesetzes, der Gott der Gerechten Vergeltung, aber bestimmt nicht der willkürlichen Gnade. Wahrlich, diese Hoffnung auf unverdiente höhere Gnade dient wahrscheinlich als stärkster Ansporn zu wiederholten Verbrechen.

Die Antwort, die Christus seinen Jüngern gab: „Zerstört diesen Tempel und in drei Tagen will ich ihn wieder aufbauen» sollte als seine Auferstehung im subtilen Körper richtig verstanden werden. In fast allen alten Lehren wird der menschliche Körper mit dem Tempel Gottes verglichen. Und Christus meinte kaum im Aufrichten eines steinernen Tempels als Beweis seiner Macht. Dies würde dem ganzen Geist Seiner Lehre widersprechen.

Es gibt Erleuchtung und Erleuchtung. Der Umfang unseres Bewußtseins bestimmt die Dimensionen der Wahrheit unserer Visionen und Gefühle. Wir können nur durch solche Symbole und Gefühle erleuchtet werden, die uns vertraut sind, und nicht mehr. Schenke den Visionen der Heiligen Aufmerksamkeit, wie genau sie dem Charakter und den Anforderungen der Epoche entsprachen. Visionen kennzeichnen auch alle moralischen und mentalen Aspekte des Menschen am allerbesten. Doch wir sollten nicht vergessen, daß die Menschen oft eine wesentliche Eigenschaft nicht besitzen - Ehrlichkeit, und sie erfinden viel auf der Basis von Cehörtem oder Gelesenem. Visionen kosmischen Chareakters werden dem Auge eines Hellsehers nur dann gesandt und offenbart, wenn er ehrlich ist. Und das charakteristische Merkmal solcher Visionen wird Schönheit und Großartigkeit in Einfachheit sein.

Du kannst sagen, daß das moralische und mentale Niveaus Pascals, auf den Du Dich beziehst, hoch war. Trotzdem mag er keine geistige Synthese gehabt haben, und das könnte ein Hindernis gewesen sein. Gibt es deren viele, die diese Qualität erlangt haben? Menschen mit großem Intellekt hat sie oft gefehlt. Man kann ein intellektueller Riese sein und braucht doch keine Synthese zu besitzen.

Warum hältst Du den Vers aus dem Korintherbrief (11, 10) für so charakteristisch für den Geist der Lehre des Paulus? Wenn wir auf Grund zahlreicher Zeugnisse zugeben müssen, daß viele wissentlich falsche Darstellungen an den Texten der Heiligen Schrift vorgenommen wurden, können wir ebensogut die Möglichkeit einer Verdrehung oder sogar späteren Einfügungen zu diesem Brief zugeben. Die Unterwerfung der Frau und ihre sklavische Abhängigkeit wurden tatsächlich im Laufe der dekadenten Jahrhunderte und besonders während der Epoche der herannahenden intellektuellen Dunkelheit so tief eingeimpft, daß es nahezu unmöglich war, jene Vorrechte aufzugeben. In Wahrheit war der Apostel Paulus ein sehr erhabener Geist, und in seinen heiligen Botschaften dürfte er kaum eine solche Barbarei erlaubt haben. Aber Du weißt, daß es notwendig wird, Konzessionen wegen der Zeitumstände zu machen. Die ganze Wahrheit kann den Menschen nicht offenbart werden, weil sie nicht akzeptiert und mehr Schaden als Nutzen bringen würde. Es ist nicht wünschenswert, in der unwissenden Masse, die in ihrer Wut das Kostbarste zerstören könnte, zu starke Entrüstung hervorzurufen.

Mir scheint, es wäre ratsam gewesen, die Edikte der ökumenischen Konzile in historischer Reihenfolge zusammengefaßt anzuführen. Sie verraten erstaunliche Widersprüche und Gedankenlosigkeit, die nach und nach immer augenfälliger werden. Die Edikte wurden nicht von individuellen klaren Denkern verkündet, sondern von den Vertretern der Mehrheit; und dieser Umstand sollte besonders betont werden, denn gerade diese Edikte wurden schließlich zum Dogma unserer heutigen Kirche. Tatsächlich wurden alle erleuchteten Denker, die heute von den Theologen verehrt werden, von ihrer eigenen Geistlichkeit verfolgt, weil sie diesen Edikten nicht zustimmten. Dies waren zum Beispiel Basilius der Große, Athanasius der Große und Johannes der Göttliche.

Es ist auch äußerst wichtig, die Edikte des Zweiten Konzils zu Konstantinopel aufzunehmen, das die Lehre der Wiedergeburt und die Präexistenz der Seele ablehnte. Auch die Bewegung der Bilderstürmer und alle Streitigkeiten in bezug auf die Kniebeuge und andere Zeremonien sind von Interesse. Wäre es nicht angebracht, Stellen aus dem Evangelium einzubeziehen, die deutlich auf Wiedergeburt hinweisen?

Deine Auslegung der Seligpreisung: „Selig sind, die da geistlich arm sind...» sagt mir sehr zu. Diese Seligpreisung ist eine mit der tiefsten Bedeutung. In dieser Regel wird tatsächlich auf die Notwendigkeit für Demut in der Selbstaufopferung oder auf die Abwesenheit jeglicher Eingebildetheit und jeder Eifersucht hingewiesen, als auch auf den Verzicht im Bewußtsein und im Geist auf jede Habgier, Besitzgier und Anhaften an vergänglichen Dingen. Alle großen Lehrer im Altertum betonten und bestanden auf dieser Entsagung im Bewußtsein. Erinnerst Du Dich an das Beispiel der beiden Jünger, die in den Büchern der Lebendigen Ethik erwähnt werden? Der eine hatte keine Besitztümer, doch der Lehrer machte ihm die ganze Zeit Vorwürfe wegen seiner Anhänglichkeit an Dinge; der andere war von Dingen umgeben, erhielt jedoch keinen Tadel vom Lehrer.

Vielleicht wird irgendein Neugieriger sagen: „Erkläre uns das Bild Christi». Darauf antworte mit den Worten der Lehre: „Es ist unmöglich, die fernen Welten zu ermessen. Wir können nur entzückt über ihren Glanz sein.» Die Mysterien des Geistesand so schön, daß wir nur raten können, nicht über das Unaussprechliche zu reden. Nur das Herz kann vor Frohlocken zittern, wenn es in geistigen Kontakt mit der Höchsten Schöneit kommt.

Du hast vollkommen recht, daß man keine furchtsamen Elemente anziehen sollte, denn sie können viel Schaden anrichten. Nicht umsonst forderten alle Disziplinen im Altertum in erster Linie die Überwindung aller Furcht. Nur durch Furchtlosigkeit können wir uns dem Licht nähern und die bestimmte Wahrheit assimilieren. Jedes Manvantara oder jeder Lebenszyklus offenbart eine neue Facette des Diamanten der Kosmischen Schönheit.

Und nun fahre mit Deiner nützlichen Tätigkeit mit ganzer Besorgtheit fort. Laß Dich nicht durch vereinzelte Schreie der Dunkelheit verwirren.


4. Juni 1937

Du hast recht, die Leute haben mich über den Kelch des Ostens befragt. Es waren jedoch nicht viele, die dachten, daß dieses Buch ihre feststehenden Ideen verletzte und sie veranlaßte, sich darüber zu entrüsten.

Ich bitte Dich dringend, ruhig und geduldig zu sein, denn es ist nicht leicht, Deinen Brief zu beantworten. Wie ich bereits geschrieben habe, ist es in erster Linie für ein klares gegenseitiges Verständnis nötig, wenigstens bis zu einem gewissen Grad eine Vereinigung der Bewußtseine zu haben, aber dieses ist noch nicht vorhanden. Zweitens stellst Du keine direkten Fragen, sondern kritisierst einzelne Sätze, die aus dem Zusammenhang genommen sind, und außerdem unterstützt Du Deine Bestürztheit durch Beispiele, die aus täglichen Ereignissen genommen sind, die nicht immer auf die Themen anwendbar sind, mit denen diese Briefe sich befassen.

Ich sollte Dich auch daran erinnern, daß der Kelch des Ostens leider nur ein kleiner Teil des großen Bandes der Mahatmabriefe an A.P. Sinnett ist. Oft sind nur ein paar Zitate aus einem ganzen Brief entnommen, und dies macht es einem unvorbereiteten Leser notwendigerweise schwer, die vielen Themen zu verstehen, die berührt worden sind. Außerdem sind die Briefe eigentlich Antworten auf Fragen von Menschen, die bereits ein wenig mit der östlichen Philosophie vertraut waren. Auch dies muß in Betracht gezogen werden.

Um auf Deine Kritik zu antworten, werde ich sie in der Reihenfolge Deiner Behauptungen behandeln, und um sie klarer zu beantworten, werde ich die Sätze anführen müssen, die Dich verblüfft haben. Ich werde die Übersetzung auch mit der englischen Ausgabe dieses Werkes vergleichen, die in meinem Besitz ist.

l. „Und nun ist es Ihre Aufgabe zu entscheiden, was Sie wollen: Die höchste Philosophie oder einfache Bekundungen von okkulten Kräften.» Der Leser - in diesem Falle Du selbst - antwortet: „Ich möchte beides haben, denn die Offenbarung der okkulten Kräfte würde ihre Existenz ein für allemal beweisen.» Ich habe Mitgefühl mit Deinen Wünschen, trotzdem muß ich sagen, daß es keinen Zweck hat zu glauben, daß die Menschen durch irgendein Phänomen aus dem okkulten Bereich überzeugt werden können, wenn sie ihm zum ersten Mal gegenüberstehen und keine Ahnung von den okkulten oder bis jetzt verborgenen Gesetzen haben. Ich bin solchen Menschen nicht begegnet. Die bloße Plötzlichkeit der Manifestation dieser Phänomene und die Umstände, unter denen sie stattfinden, widersprechen den vorgefaßten Ideen und Vorstellungen der Beobachter und rufen ihr Mißtrauen und ihre Zweifel hervor. Und die Annahme, daß hypnotische Kräfte angewandt werden, ist nicht der geringste dieser Zweifel. Es wäre nützlich, wenn Du das Buch von Sinnett, Die Okkulte Welt, lesen würdest, in dem er die zahlreichen und bemerkenswerten okkulten Manifestationen beschreibt, die in Verbindung mit H.P. Blavatsky stallfanden. Im Gegenteil, wegen dieser Offenbarungen wurde H.P. Blavatsky des Betruges, der Täuschung und ähnlicher niederträchtiger Kunstgriffe beschuldigt.

Deine Frage: „Ist die größte Philosophie nicht auch eine Offenbarung von okkulten Kräften?» ist nicht ganz unberechtigt. Der einzige Unterschied ist, daß diese Mächte in der Philosophie auf einer ihnen entsprechenden mentalen Ebene offenbart werden, während Offenbarungen, die die Skeptiker beeindrucken sollen, auf der irdischen Ebene ausgeführt werden müssen. Außerdem müssen sie Bedingungen angepaßt werden, die den Skeptikern und Ignoranten, die sie fordern, zugänglich sind und von diesen festgelegt werden, entgegen den Gesetzen, denen solche Offenbarungen subtiler Energien unterworfen sind.

Bewußtseine, die die Tätigkeit der verborgenen subtilsten Kräfte oder Energien nicht verstehen, möchten die Tatsache nicht annehmen, daß die subtilsten Energien genau dasselbe subtile, streng wissenschaftliche Herantreten an sie verlangen. Leider nähern sich die meisten Menschen diesen Offenbarungen ausgerechnet mit einer Axt und ihren eigenen technischen Berechnungen. Doch im Bereich der subtilsten Energien ist jede primitive physische Grobheit unanwendbar. Überdies solltest Du erkennen, daß nicht nur jede Existenzebene ihre eigenen genau festgesetzten Gesetze hat, sondern daß auch jedes Wissenschaftsgebiet sie hat und entsprechende Bedingungen für die gewünschten Resultate braucht.

Jemand mag fragen: „Wasser, das in Wein verwandelt wird - ist das nicht eine Suggestion?» Oder: „Wie können die Blinden sehen?» Aber solche Dinge fanden statt, finden statt und werden stattfinden. Der ungebildetste Mensch versteht, daß solche Phänomene ausgeführt werden. Wer will dann die Wunder Christi ableugnen? Und wissen wir nicht aus denselben Evangelien, daß „ ... er dort nicht viele mächtige Werke vollbringen konnte wegen ihres Unglaubens»? Sogar Christus selbst brauchte also besondere Bedingungen zur Ausführung von Wundern. Aber für uns liegen die Wunder Christi nicht so sehr in diesen Offenbarungen, als in dem erneuten Emporheben des Bewußtseins und der neuen Bestätigung der Errungenschaft.

Und nun sage mir - gibt es viele unter denen, die von der Existenz der verborgenen Kräfte überzeugt werden möchten, die auf unserer physischen Ebene noch nicht offenbart worden sind, die die nötigen Eigenschaften ihrer Ausstrahlungen (Aura) besitzen, die für das Hervorrufen der notwendigen Bedingungen geeignet sind? Scheint es Dir nicht, daß die Ausstrahlungen der Menschen in den meisten Fällen jede Möglich keit abschneiden oder im besten Fall die Qualität der Phänomene entstellen und herabsetzen? In den Fragmenten aus den ersten Briefen, die im Kelch des Ostens verwendet wurden, wird sehr deutlich erklärt, daß okkulte Offenbarungen zum Zweck, die Menschen zu überzeugen, nutzlos sind.

Oft vergessen jene, die mit einer Axt an die subtilsten Offenbarungen herangehen, daß auch nur eine Berührung der subtilsten Energie sie zu Asche reduzieren kann.

Wie auch immer, heute existieren in vielen Ländern Gesellschaften zur psychischen Forschung, in denen die sogenannten spiritistischen und parapsychischen Phänomene mit Hilfe von Medien studiert werden. In einigen Ländern sind auch an den Universitäten Kurse zum Studium von psychischen Phänomenen, von Gedankenübertragung in die Ferne etc. eingeführt worden. Aber trotz allem bezweifelt die große Mehrheit weiterhin die Existenz dieser Phänomene.

Es gibt auch eine umfassende Literatur über Spiritismus. Natürlich existiert sie nur in den Ländern, wo Gewissens- und Gedankenfreiheit durch alle möglichen Eiferer der alten wie auch der neuen Ordnung weniger unterdrückt werden.

Aber da Du „Martha in die Küche ge schickt hast, um sich dort zu zeigen», will ich Dir meinerseits eine Parabel aus der Weisheit des Ostens erzählen: „Zu Ihm, dem großen Erleuchteten, kam ein Schüler und bat um ein Wunder: «Nach dem Wunder werde ich Glauben haben». Der Lehrer lächelte traurig und offenbarte ihm ein großes Wunder. «Nun», rief der Schüler, «bin ich bereit, unter Deiner Führung durch die Stufen der Lehre zu gehen». Aber der Lehrer sagte, indem er zur Tür wies: «Geh, ich brauche dich nicht mehr!» « (Agni Yoga, 95)

2. „Den Theologen würden wir fragen, was es war, das seinen Gott daran hinderte, die Materie mit der Fähigkeit des Denkens auszustatten, da er der angebliche Schöpfer von allem ist. Und wenn er antwortete, daß es Ihm offensichtlich nicht beliebte, dies zu tun etc.» Du bemerkst, daß „dies die Antwort eines Autors sein würde, der ein engstirniger Theologe ist, weil ein kultivierter und gebildeter Theologe „seinen» Gott nicht nur daran nicht hindern, sondern ihn sogar ermutigen würde, es zu tun.» Und Du führst ein Beispiel von St. Sergius von Radonesh an, der sich mit einem Bären zu unterhalten pflegte, und der Heilige Franz von Assisi, der mit den Vögeln sprach, und endest mit einem Beispiel der reagierenden Schwingungen im Stein. Du endest: „Dann würde das ganze weitere Gebäude des Verfassers zerbröckeln.» Aber gerade das Zerbröckeln verstehe ich nicht, weil weder Sergius von Radonesh noch Franz von Assisi Theologen waren. Außerdem hatten die Mahatmas in ihren Briefen nicht die außergewöhnlichen Geister oder die individuellen, erleuchteten Köpfe unter den Theologen im Sinn, die sogar bis zum heutigen Tag verflucht werden, sondern meinten die Mehrzahl der Theologen, die jetzt die Macht haben zu vergeben und zu bestrafen. Diese sind tatsächlich die Erben jener Mehrzahl, die daran teilnahmen, die Edikte der Konzile zu erlassen, die zu Dogmen unserer heutigen Kirche wurden. Und das erstaunlichste dieser Dogmen ist das, das Gott vom Universum trennt oder ihn von der Materie ausschließt. Der östliche Pantheismus wird von unseren Geistlichen besonders gehaßt. Ich freute mich von Dir zu hören, daß es einige gibt, die den majestätischen Pantheismus, der der östlichen Philosophie zugrunde liegt, in ihr Bewußtsein aufnehmen können. Aber wenn diese erleuchteten Geistlichen, die Du kennst, Gott als die Göttliche Quelle, die im ganzen Sein vorhanden ist, annehmen, frage ich mich, wie sie den eingeborenen Sohn darstellen, und den zweiten Aspekt der Dreifaltigkeit und die unbefleckte Empfängnis etc.? Ich korrespondiere mit einigen Erzbischöfen, und es würde mich interessieren, den Standpunkt Deiner erleuchteten Theologen zu erfahren.

3. „Unsere Ideen über das Böse: Das Böse existiert nicht an sich und ist nur die Abwesenheit des Guten.» Und später zitierst Du einige Beispiele, die Deine Verwirrung ausdrücken. Ich muß Dich daran erinnern, daß Du den Wunsch geäußerst hast, um der größten Philosophie willen zu Füßen des Lehrers zu bleiben, aber es ist Dir nicht gelungen, das nötige Wissen zu diesem Zweck zu erlangen. Ohne grundlegende vorbereitende Ausbildung ist man nicht imstande, an höhere Mathematik heranzutreten. In ähnlicher Weise ist hohe Philosophie nicht auf alltägliche Diskussionen anwendbar. Um die oben angeführte Behauptung über das Böse zu verstehen, sollte man das östliche Denken voll und ganz assimilieren und seine Grundprinzipien annehmen, nämlich die Existenz Einer (Absoluten) Transzendentalen Wirklichkeit, ihren zweifachen Aspekt im offenbarten Universum und die Unwirklichkeit oder die RELATIVITÄT von allem, was offenbart ist. Wenn Du über diese Begriffe nachdenkst, wirst Du verstehen, warum es im höheren Aspekt des vollkommenen Seins kein Böses als solches geben kann. Unvollkommenheit oder RELATIVITÄT wird nur in der unaufhörlichen Bewegung der Kräfte im Licht der existierenden Vorstellung von einer EWIGEN REALITÄT wahrgenommen. Du wirst erkennen, daß alle Offenbarungen nur in unserem Bewußtsein die eine oder andere Färbung und die eine oder andere Qualität erlangen. Es gibt ebenso viele Grade des Wissens und der Qualitäten von Offenbarungen wie Bewußtseine.

Aber wir wollen zu den Ebenen herunterkommen, die uns am nächsten sind. Zweifellos existiert das Böse in der Welt des Menschen, und es wurde beim ersten Schimmer von Bewußtsein geboren. Unvollkommenheit des Bewußtseins verbunden mit Willensfreiheit brachte alle Arten des Bösen hervor. Und der Opferbegriff fällt mit der ersten Manifestation des Bösen zusammen. Es ist ebenfalls richtig, daß es bewußte und auch unbewußte Opfer gibt. Aber ich stimme dem Beispiel nicht zu, das Du anführst. Sicherlich könnte man in der üblichen Auslegung verstehen, daß es ein Opfer der Bosheit und der Unwissenheit gibt, aber der Mensch, der die Wirkung der unveränderlichen kosmischen Gesetze kennt, wird einsehen, daß man ein Opfer seiner eigenen früheren Missetaten sein kann. Wahrlich, jede Offenbarung hat mehrere Aspekte, und darum werden sie unvermeidlicherweise relativ.

4. „Mit anderen Worten, wir glauben nur an MATERIE ...» und auch: „Nur so, und auf keine andere Weise, durch die Verstärkung und Verfeinerung jenes geheimnisvollen Bandes der Sympathie zwischen intelligenten Menschen - den vorübergehend isolierten Bruchstücken der Universalseele und der kosmischen Seele selbst -stellt sie eine völlige Beziehung (Einigkeit) zwischen ihnen her. Erst wenn diese hergestellt (oder assimiliert) worden ist, werden di scherwachen Sympathien tatsächlich dazu dienen, den MENSCHEN mit dem zu verbinden, was ich in Ermangelung eines europäischen wissenschaftlichen Wortes, das die Idee angemessen ausdrücken würde, wieder als jene wirksame (dynamische) Kette zu beschreiben gezwungen bin, die den materiellen und immateriellen Kosmos miteinander verbindet. ... Immaterieller Kosmos - was für ein Unsinn! Das bedeutet wahrhaftig, die Materie zu begrüßen und mit einem Gebet für die Ruhe der Seele zu enden. ...» Das ist Deine übereilte Schlußfolgerung.

Du bist entrüstet, weil es Dir ein Widerspruch zu sein scheint. Aber ist es wirklich so schwer, den Gesichtspunkt des Ostens zu assimilieren, daß Geist und Materie ein und dasselbe sind? Daß alles aus dem Einen Element hervorging - Geist-Materie? Daß die Materie nur eine Differenzierung des Geistes ist, und daß Geist ohne Materie keine Manifestation hat, mit anderen Worten, nicht existiert? Wahrhaftig, weder in Tätigkeit noch in Gedanken können wir von der Materie abgesondert sein. Wir nähern uns den höchsten oder den gröbsten Aspekten genau derselben Materie. Die Materie, oder die subtilste Substanz - Geist-Materie - ist unbegrenzt in ihren Differenzierungen und in ihren sichtbaren oder unsichtbaren Offenbarungen, aber mit reinem Geist allein kann man nicht wirken. Unwissenheit trennt und löst alles auf, während das große Wissen des Ostens alles vereinigt und durch Synthese verbindet. Jahrtausendelang hat sich das westliche Bewußtsein daran gewöhnt, alles in einem solchen Grade in das Materielle und Immaterielle oder das Physische und das Geistige einzuteilen, daß es schwer ist, bei Diskussionen mit westlichen Menschen diese Terminologie völlig auszuschließen. Der Verfasser, dessen Brief Du kritisierst, mußte sich genau mit der westlichen Mentalität des vergangenen Jahrhunderts befassen, der es nicht nur schwer fiel, neue Begriffe zu assimilieren, sondern auch die geeignetere Terminologie für die alten Begriffe aufzunehmen. Was das Zitat anbetrifft, das Du anführst, würden wir statt „Immaterieller Kosmos» modern ausgedrückt sagen: „Der Kosmos der subtilen Substanzen oder Energien.» In der modernen Lehre von der Energie des Universums hat die Materie ihre „Dichte» verloren. In der Wissenschaft der Gedankenwelt, im Bereich der Philosophie, war und ist der Osten unser Lehrer und wird es auch bleiben.

Du zerbrichst Dir den Kopf über die Worte des Verfassers: „Wenn dies erst einmal festgelegt ist ...» Aber alle vorhergehenden Feststellungen in diesem Brief erklären „dies».

Auf genau derselben Seite des Briefes wird erklärt, daß ein Schüler, ehe er versucht, die höchsten Probleme Euklids zu lösen, die elementarsten Regeln der Arithmetik lernen sollte. Und nur sein Fortschritt in der Assimilierung der elementaren Grundlagen des Heiligen Wissens wird ihn zum Verständnis der großen Gedanken des Ostens führen. Und nur auf diese Art und Weise, durch das beständige Stärken und Verfeinem des Sympathiebandes, oder mit anderen Worten, durch die Vereinigung der Bewußtseine von intelligenten oder gelehrten Menschen ist es möglich, gegenseitiges Verständnis und Übereinstimmung zu erreichen. Erst dann können ihnen die kosmischen. Gesetze, die die physische Welt mit der subtilen vereinigen (oder mit dem „zukünftigen Leben»), enthüllt werden. Harmonie ist das Gesetz der Höheren Welt. Der Mensch hat drei Naturen in sich, und er muß alle drei vervollkommnen, um seine irdische Evolution zu erfüllen und zu vollenden. Und das wird geschehen, wenn er lernt, bewußt durch diese Naturen auf den drei entsprechenden Ebenen der Existenz zu wirken.

5. „Der Natur fehlt es an Güte oder Bosheit, sie folgte nur den unveränderlichen Gesetzen, wenn sie Leben oder Freude schenkt, oder Leiden (und) Tod sendet....» Hier folgerst Du, „wenn der Autor sagen will, daß Leben und Tod relative Zustände sind, daß es keinen Tod gibt, daß es dann in unserer Vorstellung kein Leben geben sollte.» Noch einmal dasselbe, darum müssen wir wieder zu dem zurückkehren, was bereits gesagt wurde. Um Relativität zu verstehen, müssen wir wissen, daß die Welt der Wirklichkeit das Ewige Ist ist, und daß die ganze Relativität nur durch Differenzierung und durch die endlosen Umwandlungen oder Wechsel in der unaufhörlichen Bewegung des offenbarten Seins hervorgerufen wird. Könntest Du den Wechsel von einer Hülle zur anderen, das Erwachen zu einer verfeinerten, umfangreicheren Tätigkeit Tod nennen? (Letzteres natürlich nur im Falle eines entwickelten und vergeistigten Bewußtseins.) Und die Begriffe, die Du aufgezählt hast wie Devachan, Kama-Loka und andere sind nur verschiedene Zustände unseres Bewußtseins.

6. „Die Natur hat für jedes Gift ein Gegenmittel ... Der Schmetterling, der von einem Vogel verschlungen wird, wird jener Vogel...» Ich kann sehen, daß Du die kosmischen Gesetze nicht gutheißt. Ich stimme Dir zu, daß es in der offenbarten Natur von unserem menschlichen Gesichtspunkt aus viele Unvollkommenheiten und Grausamkeiten gibt. Aber in der Mehrzahl der Fälle von Grausamkeit und Unausgeglichenheit in der Natur ist es leider in erster Linie der Mensch, die sogenannte „Krone der Schöpfung», der die Schuld trägt. Der Mensch ist zu Vervollkommnung, zu Zusammenarbeit und zu stetem Geben berufen worden. Stattdessen sehen wir, daß der Mensch seine ganzen Kräfte für Uneinigkeit, Zerrüttung und Zerstörung gebraucht. Der Mensch hat sich an seiner Zusammenarbeit mit der Natur vergangen und dadurch das Große Gleichgewicht verletzt. Vielleicht willst Du die kosmischen Gesetze, die Dir so grausam erscheinen, von Deinem eigenen Gesichtspunkt zu erklären versuchen oder vom Standpunkt des Allbarmherzigen und Allmächtigen Himmlischen Vaters? Wir kennen nur ein einziges Gesetz, das Gesetz von Ursachen und Wirkungen.

7. „... und heutzutage schneiden die Anhänger Christi und Mohammeds einander den Hals ab im Namen und zum größeren Ruhm ihrer jeweiligen Mythen (Glaubensrichtungen).» Nun, stimmst Du nicht zu, daß die entarteten Religionen ein großes Übel sind? Gibst Du nicht zu, daß Religionen das größte Blutvergießen verursacht haben, und daß die Mehrzahl der Diener der Religionen jede Entdeckung der Wissenschaft gehindert und jeden kühnen Gedanken erstickt haben, der die Unendlichkeit des Wissens offenbarte? Zum Glück sind die historischen Chroniken noch erhalten!

Man muß auch verstehen, daß der Schreiber dieses Briefes nur die entstellten, verfallenden Religionen im Sinn hatte und nicht die Grundlagen der Lehren der Großen Lichtträger. Ich denke, Du wirst zustimmen, daß einige bestehende Dogmen und Aktivitäten der Kirchenvertreter oft nicht dem Geist der Lehren ihrer Gründer entsprechen und es bis auf den heutigen Tag nicht tun. Wir sollten bestimmt nicht zur Geschichte der Kirchenkonzile zurückgehen, zur Verfolgung solcher großen Väter des Christentums wie Origenes, Klemens von Alexandria, Johannes der Goldene Mund, Gregor der Große, Athanasius der Große und andere durch ihre unwissenden Amtsbrüder! Sollten wir uns die päpstlichen Chroniken mit all ihren Schrecken der Inquisition und der Bartholomäusnacht wieder ins Gedächtnis rufen? Wir wollen uns auch nicht über die Zerstörung von buddhistischen Tempeln und Gemeinschaften und den Mord an Buddhisten durch Brahmanen, Mohammedanern und Chinesen verbreiten, oder über die beständige Feindschaft vieler Hindus und Moslems nachdenken, die alljährlich viele Leben dahinrafft wegen einer geschlachteten Kuh oder eines Schweines, das in einen Tempel geworfen wurde! Das alles geht heute noch weiter und wird sich fortsetzen, bis die besten Denker unter den geistlichen Vätern erkennen, wo und wie grausam sie gegen die Bündnisse der Großen Lehrer und Gründer gesündigt haben. Das Bewußtsein der Menschheit kann nicht ungestraft in einem Schraubstock der Unwissenheit gehalten werden. Früher oder später wird der menschliche Geist erwachen und aufschreien und alle Fesseln abwerfen. Wenn wir zurückblicken, können wir tiefe Gründe finden, die den Fall der alten Welt verursacht haben. Die Unterdrückung von Verstand und Geist, die in gewissen Ländern stattgefunden hat, erzeugte den darauffolgenden Wahnsinn. Der Gedanke ist die Krone der Schöpfung, und sein Mord ist das größte Verbrechen. Als sie verfolgt wurden, erkannten die besten Väter dies vor langer Zeit und erklärten: „Hölle ist Unwissenheit».

8. Du bist entrüstet, daß „im Kelch des Ostens nicht das Höchste Mysterium enthüllt wird. «Aber überlege doch - ist es angesichts der Unbegrenztheit möglich, das Höchste Mysterium zu erlangen? Und wo ist jene Synthese und jenes reine Bewußtsein, das die Schönheit des Höchsten Seins erfassen kann? Die subtilsten Vorstellungen und Gefühle sind einem unreinen und groben Bewußtsein unzugänglich, es würde durch die bloße Annäherung an sie verdunkelt. Mysterien, und nicht einmal die höchsten, werden nur durch Flüge des Geistes offenbart. Darum laß Deine Flügel wachsen!

9. „Wenn wir seit Generationen die Welt von der Kenntnis unseres Wissens ausgeschlossen haben, so geschah es auf Grund ihrer absoluten Untauglichkeit ...»

Hierzu fragst Du: „Wer hätte die Welt vorbereiten sollen?» Ich möchte sagen: Die gewöhnlichen Bemühungen des menschliches Geistes zur Erkenntnis der großen Wirklichkeit. Die Größten Geister haben sich auf Erden verkörpert, um das Bewußtsein der Menschheit zu einem Verständnis für die kosmischen Gesetze vorwärts zu bringen, die eine vollständige Zusammenarbeit unter allen vorübergehend getrennten Teilchen der Einen Universalseele verlangen. Aber der freie Wille des Menschen trieb ihn auf dem Pfad eines begrenzten, isolierten Egoismus zu völligeruneinigkeit und zum Ruin.

Weiter zitierst Du: „... und wenn sich die Menschheit trotz der gegebenen Beweise doch noch weigert, dies Beweismaterial zuzugeben ...» und sofort stellst Du eine Frage: „Beweise wovon, welche, wo und wann?» Hierzu kann ich Dir sagen: Mache Dich bekannt mit der Entwicklungsgeschichte des menschlichen Bewußtseins durch die Schriften der größten Denker, die oft mit dem „Ehrentitel» Ketzer oder Scharlatan belohnt wurden. Und dann am Ende des Satzes: „ ... dann werden wir uns am Ende des Zyklus zurückziehen ...» fühlst Du eine Drohung, und wie Du erklärst, eine unverdiente. Aber zunächst, es ist keine Drohung, daß die Großen Lehrer die freiwillige Zurückweisung des höheren Wissens durch die Menschheit annehmen wollen, in welchem Falle sie ihr Wissen und ihre Energien zum Wohl anderer Menschheiten auf anderen Planeten verwenden würden. Mir scheint, es reicht völlig aus, die heutigen Weltverhältnisse auch nur ein wenig zu ergründen, um zu erkennen, auf welches Ende alles zueilt. Und da es keine Wirkungen ohne Ursache gibt, können wir uns gut vorstellen, was jene Ursachen waren und wo wir sie suchen können. Darum kann nur ein voreingenommenes Bewußtsein irgendeine Drohung in den von Dir angeführtren Worten wahrnehmen. In diesem Falle könnte jedes Zeichen an einem Bahnübergang „Vorsicht - Zugverkehr» etc. als eine Drohung angesehen werden. Ein freies Bewußtsein wird jede Warnung verstehen und dankbar annehmen. So schreibst Du zum Schluß: „In erster Linie hat man den Eindruck, daß dieses Buch von Menschen unterschiedlicher geistiger Entwicklung geschrieben worden ist. Aber wenn das Buch von einem einzigen Menschen geschrieben wurde, dann weiß er überhaupt nichts über sein Thema und hat die aufgelesenen Wissenskrümel mit großem Nachdruck auf einen einzigen Faden aufgereiht, als ob sie Perlen von unterschiedlicher Größe, Farbe und Wert wären ...» Indem ich Deine eigene Ausdrucksweise verwende, kann ich Dir ebensogut sagen, daß Du in diesem speziellen Fall diejenigen tadelst, die für Dein eigenes Leiden gut und richtig sind. Es ist nicht statthaft, den Großen Lehrern der Menschheit seine eigene Unwissenheit und sein eigenes mangelndes Verständnis zuzuschreiben.

Dieses fragliche Buch ist von den Größten Geistern geschrieben worden, aber das unvorbereitete Bewußtsein sollte es lieber nicht antasten, denn dies würde nichts als Lästerung zur Folge haben. Man mag sehr viel nicht wissen und verstehen, das ist kein Verbrechen, aber zu lästern ist unverzeihlich. Wer überall Widersprüche sieht außer in seinem eigenen Bewußtsein, offenbart nicht nur seine eigene Unwissenheit, sondern auch seine Eingebildetheit.

So pflegte der große Buddha, wenn er Jünger wählte, sie auf ihre Fähigkeit hin zu prüfen, sozusagen Gegensatzpaare zu erfassen. Wenn ein Jünger dies nicht meistern konnte, pflegte Buddha ihn nicht zu weiterem Wissen fortschreiten zu lassen, da dies nicht nur zwecklos, sondern sogar schädlich gewesen wäre. Die Bewußtheil der Wirklichkeit wird nur durch unaufhörlichen Wechsel und Gegenüberstellung von Gegensatzpaaren erlangt.

Du wirst wahrscheinlich entrüstet sein, wenn Du meinen Brief gelesen hast, aber ich bin an die Tatsache gewöhnt, daß jene Menschen, die schöne Geschichten erzählen und dadurch alle möglichen Lästerungen auf das Höchste, das Heiligste und das Teuerste häufen, zu Feinden werden, wenn sie gerechterweise getadelt werden. Es entspricht nicht meiner Natur, heuchlerische, liebenswürdige Worte zu äußern, um persönliche Verleumdung zu vermeiden. Auch liebe ich keine billige Sentimentalität, die jede Art Lüge bestärkt und zu einer Brutstätte der Ungerechtigkeit wird.


11. Juni 1937

Jede Bestätigung von Einigkeit ist eine große Tat, und es ist schwer, ihre Wirkung mit irdischen Maßstäben zu bewerten. Darum drücken wir allen, die geistig mit uns einstimmen und ihre besten Gefühle zum Tag, der der Einigkeit geweiht war, darbrachten, vom Grunde unseres Herzens unsere Dankbarkeit aus. Möge allen Licht und Freude beschieden sein, möge Selbstverleugnung in Einigkeit das Leben jedes treuen Dieners des Guten zieren. Wir freuen uns, daß Deine Gruppe so beweglich und tätig ist. Das Wichtigste ist, das Wasser zu bewegen. Erst dann werden Möglichkeiten geboren. Wir müssen jedoch berücksichtigen, daß wir oft ein bestimmtes Ergebnis von unseren Handlungen erwarten und enttauscht sind, wenn wir das sofortige und vorausgesehene Ergebnis nicht sehen. Dabei bemerken wir nicht, daß unsere Handlungen in einer anderen, nicht weniger wichtigen Richtung Samen neuer Möglichkeiten hervorgerufen oder gesät haben mögen. Darum sollten wir wachsam sein und die Möglichkeiten ergreifen, die uns durch unsere Handlungen, durch unsere Begegnungen mit Menschen etc. gegeben werden. Leben ist Tätigkeit, Stillstand ist Auflösung. Gesegnet sind darum jene, die nach Tätigkeit streben.

Und nun komme ich zu Deinen Fragen. Du möchtest über psychische Energie wissen.

Du weißt, daß psychische Energie die PRIMÄRE Energie genannt wird und deshalb alle anderen Energien einschließt, die nur ihre Differenzierungen sind.

Parafohat ist die grundlegende oder primäre psychische Energie in ihrem höchsten kosmischen Aspekt, und Fohat ist ihr nächster Aspekt im offenbarten Universum. Dieselbe psychische Energie, als Lebenskraft offenbart, ist überall als PRANA verbreitet. Die Zeit ist gekommen, die Bedeutung der primären Energie zur Einheit zu bringen.

Hier ist ein Paragraph aus der Lehre: „Zweifellos seid Ihr oft gefragt worden, wie man die psychische Energie entwickeln kann, und wie man ihre Nützlichkeit erkennt. Aber genug ist gesagt worden, daß das Herz, das nach einer hohen Qualität des ganzen Lebens strebt, der Leiter der psychischen Energie sein wird. Keine gewaltsame, traditionell beschleunigte Bewegung zu einer Entfaltung der Tätigkeit des Herzens wird nützlich sein. Das Herz ist ein äußerst unabhängiges Organ. Es kann zum Guten freigesetzt werden, und es wird sich beeilen, um sich mit Energie zu füllen. Auch ist es nur in freundlicher Gemeinschaft möglich, die Früchte vereinter Energie zu sichern. Hierfür ist es jedoch unentbehrlich, zu verstehen, was harmonische Übereinstimmung ist.»

Psychische Energie ist der Heilige Geist. Psychische Energie ist Liebe und Streben, psychische Energie ist die Synthese aller Nervenausstrahlungen, psychische Energie ist das große Aum. Darum wird die Entwicklung beständigen, unüberwindlichen Strebens nach Vervollkommnung, zum Licht in all seinen Offenbarungen, gerade die Entfaltung dieser lebensverleihenden Energie sein. Erinnerst Du Dich an Paragraph 55 aus Neues Zeitalter - Gemeinschaft: „Streben ist das Boot des Arhats, Streben ist der Schlüssel zu allen Höhlen ... Streben ist die große Menge der Sterne»? Ich habe diesen Paragraphen so gern! Man kann sagen, daß überall, wo das Streben fehlt, auch keine erhabene psychische Energie ist.

Du hast recht - psychische Energie kann nur dann assimiliert werden, wenn die Nervenzentren bereit sind, sie anzunehmen. Aber niemand kann sie gewaltsam geben. Es ist möglich, einem anderen eine gewisse Menge von seinem Vorrat zu übertragen, aber nur wenn er sie assimilieren kann. Das erklärt viele Wunderheilungen. Psychische Energie gewinnt auch Kraft aus dem Weltraum, aber nur, wenn sie die Eigenschaft eines Magneten erworben hat. Alle Phänomene wie Telepathie, Gedankenübertragung in die Feme, Hypnose, Heilen, Hellsehen, Hellhören, Psychometrie etc. sind mit den Manifestationen verschiedener Eigenschaften der psychischen Energie verbunden. Man muß sich immer daran erinnern, daß die Qualitäten der psychischen Energie in ihrer Mannigfaltigkeit unbegrenzt sind.

Kundalini ist genau dieselbe Lebenskraft oder psychische Energie, die durch das Zentrum am Ende der Wirbelsäule wirkt. Aber in hoch entwickelten Geistern offenbart sie sich durch das Herz. In vergangenen Jahrhunderten wurde die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf das Kundalinizentrum gelenkt, um die sichtbare Wirkung der psychischen Energie zu erreichen. Aber im kommenden Zeitalter, in dem die Welten einander näherkommen, wird das Herzzentrum besonders verstärkt werden. Die Tätigkeit durch das Kundalinizentrum ist hauptsächlich im irdischen Zustand überzeugend und wirklich, während es für das Erreichen der höheren Welten und für den Aufenthalt in ihnen notwendig ist, die Herzenergie zu verfeinem. Aus diesem Grunde spricht die Lehre so viel über das Herz, diese „Sonne der Sonnen».

Psychische Energie ist unbegrenzt in der Vielfalt ihrer Qualitäten und Offenbarungen. Sie ist dualistisch in ihren Aspekten, wie alles andere im offenbarten Universum, das heißt, sie kann sowohl dem Guten als auch dem Bösen dienen. Ebenso wie ihre äußerst verschiedenen Eigenschaften zur Zeit von Atlantis offenbart wurden, kann man daher auch in der kommenden Epoche ganz verschiedenartige Offenbarungen erwarten. Aber wir wollen hoffen, daß nach dem Erwachen einer größeren Geistigkeit in der Menschheit durch den Einfluß der neuen welträumlichen Strahlen, die unseren Planeten jetzt erreichen, die höheren Offenbarungen oder Qualitäten der psychischen Energie vorherrschen werden. Alles hängt von der geistigen Entwicklung des Menschen, von der Qualität seines Herzens ab.

Nun zu Deiner nächsten Frage: „Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.» (Johannes 20, 23) Es ist einleuchtend, daß diese Worte nicht exakt übertragen wurden. Daß die Evangelien, von denen das erste fast hundert Jahre nach dem Weggang Christi geschrieben wurde und nachdem sie durch die Zensur von so vielen eifrigen Händen gegangen waren, die Gedanken Christi genau bewahren konnten, ist eigentlich unmöglich zu erwarten. Ich lege sie jedoch folgendermaßen aus: Wenn wir dem Sünder vergeben, belasten wir dadurch sein Karma nicht noch mehr. Wenn wir jedoch Bosheit und Unversöhnlichkeit in uns verbergen, erschweren wir sein Karma noch mehr, und gleichzeitig helfen wir uns selbst nicht, sondern umgekehrt.

Wir wollen uns an das erinnern, was in Bruderschuft, Paragraph 445 gesagt wird:

„Über den Begriff der Vergebung besteht ein großer Mangel an Verständnis. Jemand, der einem anderen vergeben hat, nimmt an, daß er etwas Ungewöhnliches vollbracht hat. während er nur sein eigenes Karma vor Verwicklungen bewahrt hat. Der Mensch, dem vergeben worden ist, glaubt, daß alles vorbei ist, aber das Karma bleibt natürlich bestehen. Zwar hat sich der Vergebende nicht in das Karma desjenigen eingemischt, dem er vergeben hat und es daher nicht noch drückender gemacht. Aber das Karmagesetz bleibt für beide Betroffenen bestehen. Die Herren des Karmas können dies bis zu einem gewissen Grade ändern, wenn das Feuer der Reinigung hell aufleuchtet, doch eine solche Flamme läßt sich nicht leicht entzünden. Große Opfer sind für das Entzünden des Feuers gebracht worden. Man muß die Erinnerung an solche selbstaufopfernden Taten ehren. In solchen Rufen lebt die Schönheit fort. Weder die Zeit noch menschliche Verwirrung können die Aufrufe zur Selbstaufopferung unterdrücken. Die Bündnisse der Bruderschaft sprechen ebenfalls darüber. Es ist schön, daß der Begriff, der alle Zeitalter hindurch existierte, auch heute noch nicht vergessen worden ist. Wir sollten auch ein schwaches Verständnis für den überirdischen Pfad nicht zurückweisen.»

Kommen wir noch einmal auf die Worte im Johannesevangelium zurück, die gewöhnlich parallel mit dem Ausspruch im Matthäusevangelium (18, 18) angeführt werden: „Wahrlich, ich sage euch. was ihr auf Erden bindet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.» Tatsächlich sind dies die Worte, auf denen die Kirche, die behauptet, ein Nachfolger der Apostel zu sein, Ihre Macht begründet, zu vergeben und zu bestrafen, einschließlich der Exkommunikation. Ich habe schon darüber geschrieben, darum will ich jetzt diese Zeilen für Dich anführen: „Um die oben erwähnten Worte Christi richtig zu verstehen, sollte man die vorhergehenden Verse im gleichen Kapitel (Matthäus 18, 15) sorgsam lesen. Der 18. Vers ist sozusagen eine Zusammenfassung, die aus dem oben erwähnten Gleichnis herrührt und erklärt die Wirkung des Karmagesetzes vollständig. Wahrlich, wenn wir unsere Streitigkeiten mit unseren Nächsten nicht hier auf Erden beilegen, werden sie auch in der Subtilen Welt nicht geschlichtet. Denn in der Subtilen Welt ernten wir, was wir hier säen. Darum sollten wir stets versuchen, das Karma so weit wie möglich unwirksam zu machen, mit anderen Worten, unsere Beziehungen mit anderen zu bereinigen, während wir hierauf Erden sind. Warum sollte sich das Wort «ihr» im 18. Vers auf die Apostel und nicht auf die Menschen im allgemeinen beziehen? Es ist bestimmt nicht schwer zu verstehen, warum diese Worte so ausgelegt wurden, als seien sie das Recht, das Christus den Aposteln gab, «zu binden und zu lösen», oder mit anderen Worten, zu strafen und zu vergeben....

Genau genommen ist sogar der Größte Geist nicht imstande, Sünden zu vergeben, die begangen worden sind. da es dem Karmagesetz widerspräche. Er könnte das Karma bis zu einem gewissen Grad erleichtern, aber das ist alles. Wenn der Mensch der einzige Schöpfer und Aufzeichner von jedem seiner Motive, Gedanken und Taten ist, wer kann dann irgendetwas in seinem Wesen und darum in seinem Schicksal ändern ohne seinen direkten Willen? Der Hohe Geist kann nicht mehr tun, als uns bei unseren Benühungen helfen, unser inneres Wesen zu bessern. Genau, Zusammenarbeit ist bei allem nötig.»

Ehe ich meinen Brief beende, möchte ich Dich bitten, von Zeit zu Zeit all jene, die an die Lehre herangetreten sind, daran zu erinnern, daß Prüfungen, wie Du weißt, unvermeidlich sind. Wahrlich, die Jünger müssen die Geistesstärke aufbringen, die Feinde zu, überwinden, die natürlich in erster Linie in uns selbst wohnen in Gestalt von allen möglichen Leidenschaften und Gewohnheiten, die noch nicht abgelegt sind. Oft steigen sie unter dem Druck der äußeren Umstände und Bedingungen in unserem Herzen auf und vergiften unser Bewußtsein. Weise Deine Freunde auf die folgenden Paragraphen aus Bruderschaft hin:

„In den Gemeinschaften des Altertums wurde jeder, der Prüfungen durchmachte, begrüßt. Man ging sorgsam mit ihm um, da bekannt war, daß es unzulässig wäre, den Vorgang seiner Erfahrung gewaltsam zu unterbrechen. Es wurde erachtet, daß jede Prüfung eine Schwelle zum Fortschritt ist. Niemand konnte den Pfad der Wirkungen wenden, doch brüderliche Ermutigung befähigte ihn, seinen Schritt selbst vor den schrecklichsten Bildern nicht zu verlangsamen. Natürlich versucht Chaos in seiner schrecklichen Häßlichkeit unfehlbar den Pfad eines jeden zu hindern, der geprüft wird. Aber laßt diese Bilder schrecklich sein; die Offenbarung des Fürchterlichsten wird selbst der Vorläufer vom Ende der Prüfung sein.» (Bruderschaft, 483)

„Gewohnheit ist die zweite Natur - ein weises Sprichwort, das andeutet, in welchem Grade die Gewohnheit den Menschen beherrscht. Genau, Gewohnheiten machen den Menschen unbeweglich und unempfänglich. Man kann Gewohnheilen unterdrücken, aber es ist nicht leicht, sie auszurotten. Beständig begegnet man Menschen, die sich ihres Sieges über Gewohnheiten rühmen. Doch beobachtet die tägliche Routine solcher Sieger, und Ihr werdet finden, daß sie Sklaven der Gewohnheit sind. Sie sind so von ihren Gewohnheiten erfüllt, daß sie nicht einmal das Gewicht eines solchen Jochs fühlen. Es ist besonders tragisch, wenn ein Mensch davon überzeugt ist, frei zu sein, während er in Wahrheit in den Fesseln seiner Gewohnheiten eingekerkert ist. Es ist äußerst schwer, einen Kranken zu heilen, der seine Krankheit ableugnet. Jeder kann solche Unheilbaren unter Menschen, die ihm bekannt sind, nennen. Doch um den Begriff der Bruderschaft aufzunehmen, ist die Herrschaft über bestehende Gewohnheiten, unerläßlich. Bei Gewohnheiten denken Wir nicht an den Dienst für das Gute, sondern an die kleinen Gewohnheiten der Selbstsucht.

Es ist Unser Brauch, diejenigen, welche sich der Bruderschaft nähern, hinsichtlich der Befreiung von Gewohnheiten zu prüfen. Solche Prüfungen müssen unerwartet sein. Es ist am besten, mit kleinen Gewohnheiten anzufangen. Der Mensch ist oft mehr darauf bedacht, sie zu verteidigen, als irgendetwas anderes. Sie werden für natürliche Eigenschaften gehallen wie Muttermale. Doch die Neugeborenen haben keine Gewohnheiten. Atavismus, die Familie und die Schule pflegen das Aufkommen von Gewohnheiten. Jedenfalls ist eine Routine-Gewohnheit ein Feind der Evolution.» (Bruderschaft, 529)


19. Juni 1937

Es freute mich zu hören, daß Du beabsichtigst, der psychischen Energie und der Gedankenkraft Aufmerksamkeit zu widmen. Augenblicklich ist dies die wichtigste Frage. Es ist notwendig, das Bewußtsein der Menschen zu einer richtigen Abschätzung der Bedeutung von Gedanken zu erwecken. Die künftige Evolution wird auf Zusammenarbeit und auf der Bedeutung von Gedanken begründet sein. Darum versuche, soviel Material wie möglich über praktische Errungenschaften im Bereich der Gedankenübertragung zu sammeln.

Was für bemerkenswerte Prüfungen in der Unterscheidung von Menschen werden Dir gesandt! Aber ich glaube bestimmt, daß Du diese Prüfungen siegreich bestehen wirst.

Wir sollten also Weisheit durch den Vergleich verschiedener Persönlichkeiten erlangen. Darum wollen wir uns daran erinnern, welche Persönlichkeiten schon innerhalb eines kurzen Zeitraums enthüllt worden sind. Wir sollten Zieltauglichkeit üben. Es heißt in der Lehre, daß ein Mensch, der nicht erkennt, was rechtes Gleichmaß ist, nicht als geistig angesehen werden kann. Das rechte Gleichmaß ist die Goldene Mitte.

In bezug auf den Herrn Buddha sagte Vivekanada, daß das Herz der Großen Geister weich wie Butter ist, daß Sie es aber zu disziplinieren verstehen. Mit anderen Worten, Sie wissen, was rechtes Gleichmaß ist. Wahrlich, Sie werden durch rechtes Gleichmaß geleitet. Rechtes Gleichmaß grenzt an Zieltauglichkeit, die im ganzen Kosmos herrscht.

Ich habe den beigefügten Brief durchgelesen und fühle, daß ich dem Verfasser helfen möchte, seine Gedanken über die Verwicklungen des Menschenwesens zu klären. Aber zuerst muß ich betonen, daß die Buddhisten nicht erklären, daß der Mensch „Das» oder Gott ist, vollkommen und ewig. Diese Erklärung gehört zu den Anhängern des Vedanta. Femer sollte man nicht glauben, daß die Gegenwart in uns, oder unser Festhalten am vollkommenen Göttlichen Prinzip jede Evolution sinnlos macht. Im Gegenteil, nur die Gegenwart dieses ewigen Prinzips in uns macht die Evolution möglich, weil das ganze Universum, alles Sein, nur wegen dieses lebensverleihenden Prinzips existiert. Wahrhaftig, die Vollkommenheit und Ewigkeit dieses Göttlichen Prinzips ist in seinem Potential die Garantie, daß der Mensch, sein Träger, sich ewig vervollkommnen kann. Während die Anhänger des Vedanta die Unveränderlichkeit und Vollkommenheit des Göttlichen Elements zugeben, erkennen sie auch die ganze Kompliziertheit des Menschenwesens als Widerspiegelung des Universums - der Inbegriff aller Komplexe. Der Makrokosmos ist in einem unaufhörlichen Prozeß der Entfaltung oder des Werdens. Ebenso enthüllt auch der Mensch, der Mikrokosmos, unermüdlich neue Möglichkeiten und sammelt sie an. eben auf Grund der Gegenwart des vollkommenen, ewigen Göttlichen Potentials in ihm.

Die Buddhisten erkennen die Existenz einer unveränderlichen Seele im Menschen und im ganzen Dasein nicht an, weil sie sowohl im Menschen als auch im ganzen offenbarten Universum einen nicht dauernden Zustand und Vergänglichkeit sehen, oder, um die moderne Terminologie zu gebrauchen, die Evolution von allem, was existiert. Kein einziger gebildeter Buddhist, dessen ontologische Vorstellungen dem zeitgenössischen Gedanken näherstehen, der auf der Lehre von Energie als Grundkraft aller Dinge begründet ist, würde jedoch die Existenz Göttlicher Energie im Menschen ableugnen, die im Grunde ewig und unveränderlich ist. Deshalb ist es unwichtig, ob wir diese Energie Gott, Geist oder den Ewigen Zeugen oder sogar das Göttliche Feuer nennen, ihre majestätische transzendentale Bedeutung würde sich nicht ändern.

Es ist nützlich, sich hier an das zu erinnern, was in Agni Yoga, Paragraph 275, gesagt wird:

„Das Vedanta erklärt richtig, daß der Geist unversehrt bleibt. Der feurige Same des Geistes bleibt in seiner ursprünglichen Konsistenz, weil der innere Kern der Elemente unveränderlich ist. Doch die Ausstrahlung des Samens verändert sich, abhängig vom Wachsen des Bewußtseins. Man kann daher verslehen, daß der Same des Geistes ein Bruchteil des elementaren Feuers ist. Und die um ihn herum angesammelte Energie ist Bewußtsein. Dies bedeutet, daß das Vedanta sich mit dem Samen befaßte, und der Buddhist über die Vervollkommnung der Körper sprach. So vollständig stehen das Bewegliche und das Unbewegliche miteinander in Wechselbeziehung.

Es ist ganz verständlich, daß Buddha, der die Menschheit auf die Evolution zulenkte, auf das Wesen der Beweglichkeit hinwies, während Vedanta die Grundlage erläuterte. Man kann einer Flamme irgendeinen chemischen Bestandteil hinzufügen und dadurch ihre Farbe und Größe ändern, doch die ursprüngliche Natur des Feuers wird unveränderlich bleiben. Ich sehe keinen grundlegenden Widerspruch zwischen Vedanta und Buddhismus.»

Die Anhänger des Vedanta vergleichen also die Evolution eines Menschenwesens gern mit einem Halsband, bei dem jede Perle eine der physischen Offenbarungen ist. die auf dem Faden des Geistes aufgezogen wird. Aber vom Gesichtspunkt der Buddhisten ist es richtiger, sich diese Evolution als eine komplizierte Mischung vorzustellen, der bei jeder neuen Offenbarung auf der irdischen Ebene eine neue Zutat hinzugefügt wird, und die verändert natürlich die ganze Mischung.

Einer protestiert gegen die Einteilung des Menschen in Geist und Materie. Gewiß, in ihrem Grundzustand sind Geist und Materie ein und dasselbe. (Materie ist kristallisierter Geist.) Aber auf der Ebene der Offenbarung oder der Differenzierung ändert sich alles, und je näher den dichten Schichten, desto schärfer wird die Differenzierung oder Teilung. Wenn daher die Diffenrenzierung zwischen Geist und Materie in der feurigen Welt fast unfühlbar ist, weil die Materie die Erscheinung von Licht erlangt, dann erreicht sie auf unserer irdischen Ebene leider eine fürchterliche Grobheit. Wenn wir daher die Kompliziertheit des menschlichen Organismus berücksichtigen, wird es in vielen Fällen notwendig, zu einer Einteilung in Geist und Materie Zuflucht zu nehmen, um verstanden zu werden.

Während der Spanne seines Erdenlebens lebt und wirkt ein mental entwickelter Mensch auf zwei und sogar drei Ebenen. Jede Ebene hat ihre eigene entsprechende Hülle. Darum ist es natürlich, daß jene Hülle, in der der Mensch auf einer höheren Ebene tätig ist, entsprechende Impressionen empfängt. Aber wegen der Subtilität dieser Schwingungen können sie dem groben physischen Gehirn nur in seltenen Fällen übertragen werden, da das Gehirn sonst die Anspannung nicht ertragen könnte. Wegen der Armseligkeit unserer Terminologie für solche Begriffe ist es daher üblich, von dem Menschen als einem „Geist» zu sprechen, wenn er sich in seiner subtilsten Hülle zeigt, während seine physische Hülle als Materie bezeichnet wird.

Übrigens, wissen wir nicht vom Kelch der Ansammlungen, der in jeder Verkörperung nur teilweise offenbart wird? Und würden diese Ansammlungen im Kelch nicht tatsächlich Wissen oder Präzipitatiomem von Energien um den feurigen Samen herum sein? Darum liegen keine Widersprüche vor, wenn wir sagen, daß ein Mensch ein unvollkommenes geistiges Wesen ist oder wenn wir gewisse Aspekte der menschlichen Gesamtheit analysieren und Zuflucht zur Einteilung in höhere oder niedrigere Manifestationen dieses Ganzen nehmen.

Wir wissen, daß Geist ohne Materie keine Existenz hat. Überall, wo Existenz ist. dort ist Materie, selbst wenn sie für uns gänzlich unsichtbar ist. Und der Mensch ist ganz einfach eine Gesamtheit von unendlichen Abstufungen in der Differenzierung eines einzigen Elementes - GEIST-MATERIE.

Man sollte stets die beiden grundlegenden Behauptungen des Geheimen Wissens berücksichtigen, nämlich: l. Die Untrennbarkeit und Unveräußerlichkeit von Gott oder dem Göttlichen Element vom Universum. 2. Die Einheit des Grundelementes -Geist- Materie. Durch die mangelnde Erkenntnis und Nichtannahme dieser okkulten Thesen entstehen alle Mißverständnisse und Täuschungen.

Mit dem neuen Verständnis für die Materie seitens der Wissenschaftler und dem Interesse, das für Gedankenkraft gezeigt wird, wird die Lehre Buddhas im kommenden Zeitalter einen angemessenen Platz einnehmen. Tatsächlich macht der Buddhismus keinen Unterschied zwischen der physischen und der psychischen Welt. Die Wirklichkeit, die der Gedankentätigkeit zugeschrieben wird, ist gleichbedeutend mit der Wirklichkeit von Gegenständen, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen.

Steh als Kämpfer auf Wache und erinnere Dich an die unvermeidlichen Prüfungen.


2. Juli 1937

Das ganze Universum ist von Einem Göttlichen Element durchdrungen, dessen sichtbare und unsichtbare Existenz in der ewigen, unendlichen Bewegung (Atem) offenbart wird, die immer neue Differenzierungen und Verbindungen hervorruft, in unaufhörlichem Wechsel und im Prozeß der Entfaltung dieses ungeheuren, unaussprechlichen, ewig unbekannten Mysteriums der Mysterien.

In der Grundlage aller Schöpfung liegt ein großer Impuls oder ein Streben nach Offenbarung. Dies ist genau derselbe Impuls oder Durst nach Existenz, der den Menschen veranlaßt, sich zu verkörpern. In seinem höchsten Aspekt ist er Göttliche Liebe und auch vergeistigte menschliche Liebe. Im Altertum wurde Kama, der Gott der Liebe, als größter Gott verehrt. Gott ist Liebe, und in Liebe und durch Liebe wird jede seiner Offenbarungen begriffen. Der ganze Kosmos wird durch den Kosmischen Magneten oder Göttliche Liebe innerhalb der Daseinsordnung zusammengehalten. Sage also Deinen Freunden, daß Göttliche Liebe alle Welten erzeugt.

Im Göttlichen Bewußtsein gibt es weder Anfang noch Ende, nur das ewige IST. Ebenso wie es unmöglich ist sich vorzustellen, daß die Unbegrenztheit einen Anfang hat, ist es unangebracht, über den Anfang der Schöpfung zu reden. Könnte der menschliche Verstand sich den Anfang von auch nur einem einzigen Manvanlara vorstellen, deren Zahl sich in der Unbegrenztheit verliert? Aus der Heiligen Lehre können wir eine gewisse Idee über das Keimen unserer planetarischen Kette formulieren, und durch Analogie, mit Hilfe einiger vorhandener Hinweise, können wir versuchen, einen kurzen Einblick in die Entstehung des Zyklus des Sonnensystems zu gewinnen.

Du weißt auch, daß die Höchsten Wesen (die Jakobsleiter), die als Gesamtheit die Kosmische Vernunft und das Schöpferische Element darstellen, während des begrenzten Pralayas oder der Erneuerung des Planeten oder des Sonnensystems Wache stehen und den zukünftigen Lebenszyklus des Sonnensystems oder des Planeten planen. Später werden Sie selbst die verantwortlichen Hauptvollzieher dieser Pläne. Wie könnten sonst alle Legenden über das Pantheon der Götter oder der Avatare und Menschengötter erklärt werden? Das Hierarchische Prinzip ist tatsächlich das kosmische Gesetz, das führende Prinzip. Darum gibt es ein Höchstes Geistiges Wesen, oder einen Hierarchen, der die Verantwortung für den ganzen Zyklus oder ein bestimmtes Manvantara aufsich nimmt. In der menschlichen Vorstellung wird ein solcher Größter Geist mit dem Bild des persönlichen Gottes oder sogar eines universalen Gottes verschmolzen.

In bezug auf die psychische Energie werde ich diese Worte aus Bruderschüft zitieren:

„ ... Zweifellos seid Ihr oftmals gefragt worden, wie man psychische Energie entwickeln und ihre Nützlichkeit wahrnehmen sollte. Doch es ist oft genug gesagt worden, daß das Herz, das nach einer höheren Qualität des ganzen Lebens verlangt, der Leiter der psychischen Energie sein wird. Keine gewaltsame, auf herkömmliche Weise beschleunigte Maßnahme zur Entfaltung der Herztätigkeit wird nützlich sein. Das Herz ist ein äußerst unabhängiges Organ; es kann für das Gute freigesetzt werden, und es wird sich beeilen, mit Energie erfüllt zu werden. Ebenfalls ist es nur in freundlicher Gemeinschaft möglich, die Früchte vereinigter Energie zu erlangen. Hierfür ist es jedoch unerläßlich zu verstehen, was harmonische Übereinstimmung ist.» (Bruderschaft, 290)

Rate Deinen Schülern also, nach Verbesserung der Qualität von allem im ganzen Leben zu streben. Das wird die beste Ansammlung von psychischer Energie zur Folge haben.

Direktes Wissen wurde früher Intuition genannt. Direktes Wissen wird aus den Ansammlungen von vergangenen Leben aufgebaut und im Kelch bewahrt. Es ist allerdings nicht einfach Wissen, sondern direktes Wissen, denn alles Wissen, das wir erlangen, beruht in erster Linie auf Gefühl. Es drückt sich in allen transzendentalen Erlebnissen besonders stark aus. Direktes Wissen wird gemeinsam mit der Verstärkung der Tätigkeit der psychischen Energie erweckt. Wie Du siehst, ist alles in einer auf Gegenseitigkeit beruhenden Zusammenarbeit verwoben, und alles ist voneinander abhängig.

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